Zukunft der Landwirtschaft? Gentechnik und aufgelockerter Umweltschutz in der Agrarpolitik sind falsche Fährten
Das Europaparlament hat heute, Mittwoch, den 24. April, mit 336 Stimmen dafür, 238 Stimmen dagegen und 41 Enthaltungen, seinen Standpunkt zur Anwendung neuer genomischer Techniken (NGT) bei Pflanzen definitiv festgelegt und wird bei einer zweiten Abstimmungsrunde am späten Nachmittag noch über den Kommissionsvorschlag zu einer Veränderung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2023-2027 abstimmen.
Neue Gentechnik
Die vorgeschlagene EU-Regelung zu mit neuen genetischen Methoden veränderten Pflanzen lässt viele Fragen offen. Insbesondere wird die Risikobewertung für mehr als 90% der NGT-Pflanzen vollständig abgeschafft. Mit der heutigen Abstimmung hat das Parlament nun seine erste Lesung zu diesem Vorschlag abgeschlossen. Im Rat ist der Text aktuell blockiert, da sich zahlreiche, jedoch nicht genügend Mitgliedstaaten gegen eine Deregulierung aussprechen.
Zu der Abstimmung zur Gentechnik kommentiert Tilly Metz wie folgt:
“Nötig war die heutige Abstimmung nicht, da eine Mehrheit des EU-Parlaments sich leider bereits im Februar für diesen irrsinnigen Vorschlag ausgesprochen hatte. Für mich ist das ein kalkulierter Schachzug vonseiten der Berichterstatterin und ihrer konservativen Fraktion: die Position des Parlaments vor den Wahlen festzunageln, damit die im Juni gewählten EU-Abgeordneten es sich nicht anders überlegen können. Neue Gentechnik soll auf Brechen und Biegen, und so schnell wie möglich, auf europäische Teller kommen.
Wieso diese blinde Vernarrtheit in die, bis jetzt leeren, Versprechen genetisch modifizierter Lebensmittel? Eine Deregulierung von neuer Gentechnik ist in meinen Augen fahrlässig. Ich bin keineswegs für ein gänzliches Verbot neuer Gentechnik, doch wir brauchen klare europäische Regeln und Sicherheitsvorschriften, damit Gentechnik nicht unkontrolliert und ungekennzeichnet auf unseren Tellern landet.
Es bleibt zu hoffen, dass im nächsten Mandat eine Mehrheit der Mitgliedstaaten sich endgültig gegen diesen unsinnigen Vorschlag ausspricht. Die luxemburgische Regierung könnte und sollte von einer Enthaltung auf eine Ablehnung umschwenken.“
Gemeinsame Agrarpolitik
Als Reaktion auf die europaweiten Bauernproteste hatte die EU-Kommission zudem eine Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Form eines Delegierten Rechtsaktes zur Vereinfachung bestimmter Bestimmungen der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgeschlagen. In der GAP sind Umweltstandards vorgeschrieben, die LandwirtInnen in der EU einhalten müssen, um Agrarsubventionen zu erhalten. Seit 2023 gelten einige neue Standards, zum Schutz von Boden, Wasser und Artenvielfalt im landwirtschaftlichen Raum. Die Europäische Kommission schlägt vor, diese Standards im Eilverfahren aufzulockern oder gar zu streichen. Der Sonderausschuss Landwirtschaft des EU-Rats hat dies bereits bewilligt. Die zu erwartende Einwilligung des EU-Parlaments würde das Aus der wenigen neuen Umweltmaßnahmen also besiegeln.
Die Grünen/EFA, gemeinsam mit der linken Fraktion und einigen sozialistischen Abgeordneten, werden bei der Abstimmung um 17 Uhr einen Einspruch gegen den delegierten Akt unterstützen.
Tilly Metz kommentiert zu:
“Die europäische Landwirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise. Ein zunehmend instabiles Klima und extreme Wetterbedingungen, eine unfaire Verteilung der Subside, unlautere Konkurrenz durch Billigimporte mit niedrigen Produktionsstandards, Preise die teils unterhalb der Produktionskosten liegen; die Probleme die der Landwirtschaft aktuell zu schaffen machen sind vielfältig und tiefgreifend. Die Antwort der Europäischen Kommission: die seit 2023 geltenden wenigen neuen Vorlagen zu Boden-, Wasser- und Artenvielfaltschutz fast alle wieder fallen lassen.
Der Vorschlag der Kommission wird die tiefgreifenden Probleme der Landwirtschaft nicht beheben und könnte stattdessen langwierige negative Folgen für die Biodiversität und somit die Ernährungssicherung in Europa haben. Es ist vielsagend, und zudem für die Legitimität der Europäischen Gesetzgebung gravierend. dass die Kommission jegliche Folgenabschätzung für diesen Vorschlag unterlassen hat. Es ist ein kurzsichtiges und gefährliches Spiel mit der Natur zugunsten des Wahlkampfes. Ich fordere meine Kollegen und Kolleginnen dazu auf, mit Weitsicht abzustimmen und sich nicht mit auf diese falsche Fährte zu begeben.”