Am heutigen Mittwoch, 9. April 2024, werden die EU-Abgeordneten über 10 verschiedenen Gesetzestexte, die Teil des sogenannten Migrationspaktes sind, abstimmen. Ende Dezember war es zu einer Einigung zwischen Parlament und Mitgliedstaaten gekommen, nun muss das Parlament der Einigung formell zustimmen. Vor allem auf Druck rechter Regierungen hin weicht das Resultat der Verhandlungen jedoch stark von der initialen Position des Parlaments ab.
Konkret sieht der Pakt u.a. obligatorische (zuvor freiwillige) Grenzverfahren vor, die unweigerlich zu einer weit verbreiteten Festhaltung an den Außengrenzen führen werden, einschließlich Familien mit Kindern und sogar unbegleiteter Minderjähriger. Zudem wird keine grundlegende Überarbeitung des Dublin-Systems vorgesehen; die „erste Einreise“ bleibt das Standardkriterium für die Zuständigkeit, was bedeutet, dass die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen immer noch für eine große Anzahl von Antragsteller:innen zuständig sind. Das Prinzip der ersten Einreise wird durch die Verlängerung des Zeitraums, in dem diese Mitgliedstaaten verantwortlich bleiben, von 12 auf 20 Monate noch verschärft. Bei der Erhebung biometrischer Daten stimmt die Mehrheit der Abgeordneten außerdem einer Senkung des Alters von 14 auf 6 Jahre zu.
Tilly Metz, Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion, kommentiert:
Der Migrations- und Asylpakt ist eine schlechte Nachricht für Menschen, die in der EU Schutz suchen und eine schlechte Nachricht für die für die EU als Wertegemeinschaft. Standards und Garantien für Migrant:innen und Asylsuchende werden erheblich geschwächt. Anstatt die Rechte der Schutzsuchenden zu stärken, wird auf Abschreckung und Bestrafung gesetzt und die Verantwortung auf Drittländer abgewälzt. Statt die Flüchtenden zu bekämpfen, sollten wir als Europäische Union lieber die Fluchtursachen, wie Klimawandel, Konflikte und Armut bekämpfen.
Die neu verhandelten Regeln werden nicht dazu beitragen, die ernsthaften Herausforderungen und Missstände zu bewältigen, mit denen das Gemeinsame Europäische Asylsystem derzeit konfrontiert ist. Die aus den Verhandlungen hervorgegangenen Texte sind zudem voller rechtlicher Unstimmigkeiten, die unweigerlich zu Grundrechtsverletzungen, großen Herausforderungen bei der Umsetzung und Rechtsstreitigkeiten in den kommenden Jahren führen werden. Darüber hinaus wird die enorme Komplexität der neuen Vorschriften unweigerlich zu einer höheren finanziellen und administrativen Belastung für die bereits überlasteten Behörden führen.
Die EU muss einen Schutzraum schaffen, der die Grundrechte aller Menschen unabhängig von ihrem Migrationsstatus bewahrt. Um dies nachhaltig tun zu können, muss die Verantwortung sowohl innerhalb der EU als auch mit internationalen Partnern gerechter geteilt werden, auch durch wichtige Instrumente wie Neuansiedlung und humanitäre Aufnahme.
Sollte ich am 9. Juni wieder ins Europaparlament gewählt werden, werde ich mich weiterhin für ein faires und humanes europäisches Asylsystem einsetzen, das die Menschenrechte achtet und Leben rettet! Mir ist bewusst, dass wir nicht jeden in Europa aufnehmen können, doch Menschen in Not, sogar Kinder, wie Schwerkriminelle zu behandeln, das kann ich nicht gutheißen.